Landesjugendpfarrer Bach-Leucht brachte am Samstag zum Abschluss der Abendsitzung den Bericht zur Lebenssituation von Kindern und Jugendlichen und zur Evangelischen Arbeit mit, von und für Kinder(n) und Jugendliche(n) „Du stellst meine Füße auf weiten Raum“ auf der Landessynode der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) ein.
Er machte deutlich, dass die Lebenssituation von Kindern und Jugendlichen nicht mit der Erinnerung von Erwachsenen an diese Lebensphase zu vergleichen und zu übertragen sei. Lebensbedingungen wie Digitalisierung, Interkulturalität, Fragen von Inklusion, Gendergerechtigkeit, schulische Anforderungen, Ausbildung und Studium werden von Kindern und Jugendlichen ambivalent wahrgenommen und gelebt. Das Kind und die Jugendliche gibt es nicht. Man muss genau hinsehen.
Weiterhin führte er aus, dass Bedarfe von Kindern und Jugendlichen an die Kirche sehr unterschiedlich sind: Einige wünschen regelmäßige Gruppen, andere wollen ehrenamtlich tätig werden, wieder andere an Großevents teilnehmen oder jugendpolitisch aktiv zu werden. Bedauerlicherweise werde jedoch nicht an allen Orten allen Kindern und Jugendlichen in ihrer Gemeinde die Fülle des Möglichen zu glauben, zu leben und sich einzubringen geboten. Es darf nicht der zufälligen Verortung unterworfen sein, ob die Evangelische Kirche Kinder und Jugendliche begeistert, gewinnt, unterstützt oder eben gerade nicht. Es müssen Standards entwickelt werden, die allen Kindern und Jugendlichen die Fülle dessen eröffnen, was möglich ist. Das muss nicht nur in der eigenen Gemeinde sein, es kann im Dekanat, der Nachbargemeinde, in vernetzten Regionen oder in den freien Werken und Verbänden stattfinden.
Der Landesjugendpfarrer setzte den Bericht auch in Bezug zum Prioritätenprozess, dessen Beginn auf dieser Tagung der Synode beschlossen wurde und betonte, die Notwendigkeit auch in der Jugendarbeit ein Gesamtkonzept zu entwickeln, das Prioritäten und Posterioritäten beschreibt und auch neue Aufgaben der Evangelischen Jugendarbeit aufnimmt. Darin muss synodal entschieden werden, ob die EKHN inhaltliche Steuerung in diesem Bereich wahrnehmen will, oder diese allein der Mittleren Ebene überlässt.
Schließlich zeigte Bach-Leucht auf, welchen Herausforderungen sich die Arbeit mit, von und für Kinder(n) und Jugendliche(n) stellen muss in Bezug zur sogenannten „Freiburger Studie“, in der es um Mitglieder- und Finanzentwicklung bis zum Jahr 2060 geht. Menschen sollten nicht erst dann in den Fokus geraten, wenn sie kurz davor sind auszutreten. Durch die Eröffnung vielfältiger Möglichkeiten können Menschen in der Kindheit und Jugend ihre Kirche erleben als einen Ort, an dem sie willkommen sind, sich ihnen Vielfalt eröffnet, an dem ihre Fragen beantwortet und ihre Antworten gehört werden; ein Ort, an dem sie Lebens- und Glaubensperspektiven entwickeln und Verantwortung übernehmen können.
Neben der Einbringung des Berichts wies Bach-Leucht auf die Publikation „Evangelische Jugendarbeit – praktisch“ hin, die vom Fachbereich Kinder und Jugend entwickelt wurde und zahlreiche Beispiele von Good-Practise darstellt.
In einer angeregten und engagierten Debatte würdigte die Synode den Bericht und betonte darüber hinaus Aspekte, wie Beziehungsarbeit vs. Ermöglichungsarbeit, die Haltung von Erwachsenen gegenüber Kindern und Jugendlichen – auch und gerade gegenüber Ehrenamtlichen, kirchenmusikalische Angebote für Kinder und Jugendliche – die im vorgelegten Bericht nicht angemessen gewürdigt wurden, das Erreichen vieler jugendlicher Milieus, z.B. durch offene Jugendhäuser, oder die Notwendigkeit von zwei Dekanats- bzw. Stadtjugendreferent*innen, in den durch Fusionen immer größer werdenden Dekanaten.
Hier finden Sie den Bericht zur Lebenssituation von Kindern und Jugendlichen und zur Evangelischen Arbeit mit, von und für Kinder(n) und Jugendliche(n) sowie den Praxisteil "Evangelische Jugendarbeit praktisch" zum Download.
Fotos: Lisa Menzel